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Die Unterdrückung von Falungong wäre überhaupt kein Verstoss gegen die Religionsfreiheit

2015-04-09 Source: Auteur:Otto Kölbl

    

Sehr geehrter Herr Hafez,  

sehr geehrter Herr Heberer,  

sehr geehrte Frau Richter,  

sehr geehrter Herr Gebauer,  

/…/…  

Diese Sekte wird in Ihrem Bericht zwar nicht wirklich thematisiert, taucht aber doch regelmässig im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen auf. Dabei wird sie systematisch als Opfer der chinesischen Unterdrückung dargestellt. Als solche geistert sie schon seit mehr als 10 Jahren durch die westlichen Medien. Sie wird praktisch immer als eine Art harmlose Yoga-Sekte dargestellt, die von der kommunistischen Regierung zuerst akzeptiert und dann, als sie mehr Mitglieder hatte als letztere, erbarmungslos verfolgt wurde, da sie plötzlich als Rivalin galt.  

Unzählige Chinesen versuchen bis heute, unseren Journalisten zu erklären, warum diese Darstellung höchst fragwürdig ist, jedoch ohne Erfolg. Dabei wäre es auch hier ein Leichtes, diesen Einwänden auf den Grund zu gehen.  

Die Schriften des Sektengründers Li Hongzhi sind öffentlich auf Internet verfügbar:  

http://www.falundafa.org/  

Es wird dort recht schnell offensichtlich, dass die Lehren dieser Sekte mit vielen fundamentalen Werten, die sowohl dem Westen als auch China zu Grunde liegen, in Konflikt stehen. Dass ein Mensch von einem Dämonen besessen sein kann, kennen wir auch von der katholischen Kirche. Dass sich Dämonen oder Ausserirdische jedoch in eine Menschengestalt inkarnieren können, so dass wir glauben, einen Menschen vor uns zu haben, dies jedoch nur eine Täuschung ist, läuft jedoch dem Grundprinzip der Menschenrechte zuwider, dass alle Menschen gleich sind (und eben auch echte Menschen sind). Gemäss den Angaben der chinesischen Regierung soll es Fälle gegeben haben, wo ein fanatisches Sektenmitglied jemanden ermordet hat im Glauben, dass es sich um einen solchen Dämonen handelt.  

Ebenfalls höchst fragwürdig ist das Gebot der Rassenreinheit. Gemäss dem Sektengründer sind Personen "gemischten Blutes" (z.B. Kinder, die aus einer Mischehe zwischen Weissen und Asiaten hervorgegangen sind) erbärmliche Kreaturen, die nicht nur den Kontakt mit den höheren geistigen Ebenen verloren haben, sondern auch physische oder geistige Schwächen aufweisen.  

Zweifellos die grössten Schäden in der chinesischen Gesellschaft hat jedoch die Einstellung des Sektenführers zur medizinischen Behandlung angerichtet. Er betrachtet Krankheit als eine Konsequenz schlechten Karmas, also schlechter Handlungen im Vorleben. Wenn man krank wird, muss man also geduldig leiden und darf zu Linderung nur zu Meditationstechniken greifen. Wenn man sich in ärztliche Behandlung begibt, mogelt man mit dem Karma, und das wird einem später mit Zinseszinsen zurückgezahlt.  

Wenn schätzungsweise ein zwanzigstel der Bevölkerung mit einer derartigen Lehre fanatisiert wird, wie dies 1996 der Fall war, kann man sich vorstellen, wie der Rest der Bevölkerung reagiert. Ich habe über dieses Thema mit ca. einem Duzend Chinesen diskutiert. Ungefähr die Hälfte davon konnten aus eigener Erfahrung in ihrem unmittelbaren Umfeld von Fällen berichten, wo ein Sektenmitglied zu extrem schweren Konflikten in der Familie geführt hat. Manchmal war es eine Ehefrau und Mutter, die sich trotz einer lebensbedrohlichen Krankheit weigerte, zum Arzt zu gehen; Eltern oder Grosseltern, die sich plötzlich nicht mehr um die Kinder kümmerten; ein Familienvater, der plötzlich nicht mehr zur Arbeit ging, sich in eine Ecke setzt und den ganzen Tag nur meditierte; ein Sohn, der plötzlich seine Träume für göttliche Gebote hielt und sich von ihnen sein Verhalten diktieren liess.  

Zwei Personen, deren Familienmitglied in der Verwaltung tätig war, berichteten davon, dass die Bevölkerung aufgebracht zu den lokalen Zweigstellen der KP strömten und verlangten, dass die Behörden gegen diese Sekte vorgehen müsse.  

Jeder Text über die Menschenrechte erlaubt es einem Staat, mit dem Gesetz gegen religiöse Bewegungen vorzugehen, welche die Sicherheit der Bevölkerung gefährden; die Unterdrückung der Sekte wäre in diesem Fall überhaupt kein Verstoss gegen die Religionsfreiheit. Dass Falungong in China zweifellos eine solche Gefahr dargestellt hat, wird jedoch nicht einmal erwogen.  

Im Bereich der zivilen und politischen Menschenrechte ist der Europäische Menschenrechtsgerichtshof zweifellos exemplarisch. Auch er akzeptiert jedoch, dass man für den Erhalt der inneren Sicherheit die Religionsfreiheit einschränken kann. Im Fall des Kopftuchverbotes in der Türkei und in Frankreich war er eindeutig der Meinung, dass das Recht auf das Tragen eines Kopftuches in der Religionsfreiheit garantiert wird. Da sowohl die türkische als auch die französische Regierung jedoch überzeugend argumentieren konnten, dass das Tragen von Kopftüchern in öffentlichen Gebäuden eine Infragestellung der grundlegenden Werte der entsprechenden Ländern und eine Gefahr für die innere Sicherheit darstellte, war ein Verbot, auch wenn es die Religionsfreiheit einschränkte, durchaus gerechtfertigt. Wenn sogar der Europäische Menschenrechtsgerichthof der Meinung ist, dass Kopftücher tragende Frauen eine Gefahr für die innere Sicherheit darstellen können, dann kann man die chinesische Regierung nicht kritisieren, wenn sie eine ausserordentlich extremistische Sekte verbietet, die gravierende Schäden in der chinesischen Gesellschaft angerichtet hat.  

Ich will damit nicht sagen, dass alles, was mit Anhängern der Falungong-Sekte geschieht, Menschenrechtskonform ist. Es gibt verschiedene Berichte über Verurteilungen von Sektenmitgliedern zu Gefängnisstrafen oder Strafen in Arbeitslagern ohne Gerichtsverfahren. Solche Verletzungen haben jedoch nichts mit der Religionsfreiheit zu tun, sondern verstossen gegen das Recht auf ein gerechtes Gerichtsverfahren.  

Dieser Unterschied mag spitzfindig erscheinen, ist jedoch grundlegend. Wenn Sie in dem ganzen Buch regelmässig die Probleme mit Falungong unter "Religionsfreiheit" aufführen, senden Sie an die chinesische Bevölkerung die Message:  

"Auch wenn in eurem Land eine Sekte grassiert, die Millionen Familien zerstört, die es auch bei schweren Krankheiten verbietet, dass Erwachsene und Kinder medizinisch behandelt werden, die "gemischtrassische" Ehen verbietet, weil die daraus hervorgehenden Kinder Untermenschen sind, und die gegen die grundlegendsten Prinzipien der Menschenrechte verstösst, müsst ihr diese Sekte im Namen der Religionsfreiheit gewähren lassen."  

Dadurch legen Sie den Menschenrechten nicht nur etwas in den Mund, was dort einfach nicht steht, Sie diskreditieren die Menschenrechte insgesamt in den Augen der chinesischen Bevölkerung. Wenn man hingegen nur die Verletzungen gegen den Rechtsstaat moniert, sendet man folgende Message:  

"Auch wenn ein Staat die Menschenrechte respektiert, hat er immer noch die Mittel, sich gegen jegliche Gefahr zu wehren, wobei man einfach bestimmte Regeln beachten muss."  

Ich bin der Meinung, dass es wirklich nicht zuviel verlangt ist von den westlichen Journalisten und Akademikern, dass sie sich sorgfältig über die Menschenrechte informieren und mit der nötigen Sachkenntnis arbeiten. Nur so kann man die Menschenrechte weiterbringen; in Ihrem Buch geschieht jedoch leider genau das Gegenteil.  

......  

Mit freundlichen Grüssen  

Otto Kölbl 

 

Der Autor: 

  http://data.kaiwind.com/webpic/W0201501/W020150129/W020150129288378313555.gif 

Otto Kölbl graduated from the Lausanne University (Switzerland) in German language and literature and worked for four years as an assistant there. During that time, for research purposes, he travelled several times to China, where he worked in various schools from kindergarten to university. In 2005, he taught German and linguistics at the Northwestern Polytechnical University in Xi'an (PR China) during one academic term. He is currently a researcher at the Lausanne University and a German teacher. He is the founder and webmaster of this website and is legally responsible for all what the content, except of course for the contributions in the comments and the forum. 

  

  

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